Leininger's Genealogiesieiten

Die Familie Leininger

    Gerichtsverfahren und Urteile

Den Grundherrschaften oblag auch die niedere Gerichtsbarkeit, was nicht die Blutsgerichtsbarkeit beinhaltete, d.h. Todesurteile konnten nicht verfügt werden. Man könnte es vielleicht mit einem heutigen Bezirksgericht vergleichen. Es wurden z.B. Grundstückskäufe, Kreditaufnahmen, Heiratsverträge usw. protokolliert und Urteile bei kleineren Straftaten, wie diversen Streitigkeiten, Diebstahl, Unzucht etc. gefällt. Die Strafen (und auch die Vergehen) muten uns heute manchmal etwas seltsam an. Ein paar Beispiele dazu:


Das ging nach hinten los - eine typische Wirtshausg'schicht

Briefprotokolle Adel von Westernach, Kronburg 1764. Der Wagner Georg Spieß klagt gegen Johann Gigl wegen Verleumdung, da ihm dieser "sexuelle Belästigung" mit seiner (des Gigl) Ehefrau vorgeworfen hat - allerdings erst, nachdem der Wagner sie (die Ehefrau des Gigl) als "Dorfteufel" bezeichnet hat. Zuletzt wird der Kläger höher bestraft als der Beklagte:

Actum Kronburg den 25t Maÿ 1764

Georg Spieß klagt wider Johann Gigl, wie das Letzteren in Offenem Würthshaus gesagt hätte Er Kläger habe mit des Beklagten Eheweib der Justina S:v: gehueret, und zumahlen auch Ihne überackeret, bittet wegen diser Bezichtigung entweeders umb hinlängliche Satisfaction oder aber die erprobung diser Auflaage;

Beklagter setzt entgegen, Er Wagner habe sein Weib zu zweÿmahlen und zwar einmahlen in dem Garten vor ohngefehr 6 Jahren ohnehelichen angehen wollen und wan sein Weib der Carlina seel: nicht zugeruffen hätte, würde das Werck ohne anderes vor sich gegangen seÿn, wegen dem überackheren werde es der Augenschein beweisen, daß Kläger noch mit der Hauen sich einigen Booden zugeeignet habe, und wan der wagner sein weib nicht zuerst in dem Würthshaus einen Dorff Teüffl gescholten hätte, würde Er auch von dem ersteren still gewesen seÿn.

Kläger leugnet diese Ihme zugemuthete Bezüchtigung und will die Prob dessen wissen, beruffet sich auch wegen dem überackeren auf einen Augenschein. Beklagter will mit seinem Weib, welches Ihme beÿ seiner des Beklagten anheimkunfft von Memmingen dieses eröffnet habe, und es darauf ankommen lassen;

Interim Beschaÿd        

Bis künfftigen Freÿtag sollen dise beede widerumb in der Canzleÿ erscheinen, und des Beklagten Eheweib auch bis dahin einberuffen werden, bis dorthin aber ist Ihnen beeden unter straff das stillschweigen wegen disem Handel aufgelegt, wegen dem überackeren aber solle ein Augenschein eingenommen, und nach Befund der Sache sodan das weithere ergehen.


Actum Kronburg den 8t Junÿ 1764

In Verfolgung vorstehenden Protocolls wurde auch des Beklagten Johann Gigl Eheweib Justina Endresin vor Ambt beruffen, welche dann ad Protocolum gibet, daß vor ohngefehr 6 jahren der Georg Spieß in Ihr Haus gekommen, und einen Vierling Tabackh gekauffet, in dem Gaaden nun hätte der Wagner Sie an der Schooß des unteren Leibs angetastet, und nachdem sie Ihne davon abgewarnet, habe er nur gesagt, du wirst ja nicht geweÿcht seÿn, Kurz hernach da Ihr Mann in Memmingen gewesen, habe Sie Ihne Wagner aus noth, da nemlich Ihro ein S:v: Kuhe Kälberen wollen, in Ihr Haus beruffen, und weilen dieses nicht vor sich gehen wollen, seÿen sie beede bis sich die Kuhe widerumb nidergesetzt, in den Gaaden gegangen, in welchem dan der Wagner Sie beÿ dem Hals genommen, in einen Winckhl hinein getrucket, und das Leibhoss aufheben wollen weilen aber sie ihme gedrohet, das soferne Er sie nicht auslasse so Schreÿe Sie der Carolina aus der Stuben heraus, auf welches Er gesagt, gehe! Du bist ja nicht geweÿhet, beruffet sich beÿnebens auf des Michael Schöllhorns Eheweib, welche Ihro dieses Frühjahr gesagt hätte, daß der Wagner sie aus eben dieser Ursach aus der Stuben getrieben habe.

Der Wagner Excipieret, daß es nicht deme also seÿe, sondern will solches, da es nöthig wäre, auf einen Aÿd ankommen lassen.

Beschaÿd         

Weilen der Wagner Ihro niemahlen auf den Leib gekommen, zumahlen dieses schon eine verjährte Sache ist, so sollen der Wagner wegen seiner schlechten Auffüehrung, und weilen Er zuerst die Justina in Offentlichem Würthshaus geschmähet, und der Anfänger dises Injuri Handels ist, da Er die Justina einen Dorff Teüffl genennet, einen Tag lang mit wasser, und brod in den Thurn, der Johann Gigl hingegen als auch der mitschuldige eine Stund lang ebenfalls in Thurn eingesperret werden, und den Ambtknecht, und zwar der Wagner zu 2/3 el, und der Gigl zu 1/3 el bezahlen, nach welchem sie einander die Handt biethen, als Ehrliche Leithe halten, und diesem Handl das genaue Stillschweigen halten sollen;
wegen dem überackheren aber weilen es nur eine Kleinigkeit anbetrifft, so hat es beÿ dem beÿgehaltenen Augenschein gethannen Ausspruch, daß nemlich der Wagner den wenigen Booden dem Johannes liegen lassen solle, sein Verbleiben, mit diesem dann werden sie beede zu guten Freunden gesprochen.





Strafe für Diebstahl: Militär oder Verbannung auf Lebenszeit

Briefprotokolle Adel von Westernach, Kronburg 1781. Dem Wagner Georg Spieß ist Geld gestohlen worden. Er verdächtigt den Maurergesellen Michael Haile, dem er Unterkunft gewährt hatte. Dieser wird gefasst, gibt den Diebstahl zu und wird entsprechend bestraft.

Actum Kronburg den 1t Merz 1781

Georg Spieß Wagner allhier hat die Anzeige gemachet, daß ihme am Faßnachtmontag, zwischen 7 und 9 Uhr Nachts aus seiner Kammer beÿ 11 fl als 2 Baÿer, 1 Laubthaler, 2 Federgulden, 1: 36 Xr und 1: 18 Xr Stück, 2 Kupfer Kreützer an Geld, und seinem Sohn Antoni auch etwas entwendet worden, er
hätte auf den Maurer Michael, welcher beÿ dem Oßlanger Spinner von darum den Verdacht, weilen dieser nämlichen Abend aus dem Oßlang gegangen, mit Vermelden: Er wolle mit dem Messner Dominicus Dreÿer zu Illerbeÿrn etwas reden, da aber auf seine Nachfrag dieser Maurer niemalen in Illerbeÿren gesechen worden, und nämlichen Abend um 9 ½ Uhr widerum in das Oßlang gekommen, so vergrössere sich der Verdacht, um da mehrer, als eben diesem Maurer sein ganzes Haus nur gar zu bekannt, und schon einige Wochen ehevor beÿ ihme die Wohnung gehabt, es ist dahero dieser Maurer Gesell Michel arretieret, vor Amt geführet, und nachfolgender massen constituieret worden.

Interrogat:

Respons:

1mum
Wie er heisse, wie alt und woher gebürtig?

ad 1mum
R: Michael Haile, 24: Jahr alt, von Lauben Kempt: Pflegamt Lenzfried

2.
Was Standes, und Religion?

Respons:

Ein Maurer seiner Profession, die Er allhier in Kronburg erlehrnet, und katholischer Religion.

3.
Wo Er das letzte mal gearbeithet, und seit deme aufgehalten


zu Barba in der Chur Pfalz beÿ Haidelberg, 14: Tage vor Weÿhnachten seÿe er von Barba fort, und um Sebastiani Fest20. Januar anhero kommen, wo er sich 14 Tage beÿ dem Wagner Spieß, hinnach in dem Oßlang bishero aufgehalten

4.
Mit was er sich wehrend dieser Zeit ernähret ?


Beÿ dem Wagner hätte Er nichtes gethan, beÿ dem Oßlanger Johannes Schöllhorn um das Essen gesponnen.

5.
Ob Er sich sie Ursach seiner Arretierung vor stellen könne?


Ja: weilen Er dem Wagner Georg Spieß einiges Geld entwendet.

6.
Wann Er dies Geld genommen ?

Am Faßnacht Montag Montag nach Estomihi, im Jahr 1781 der 26. Februar Abend 8 Uhr hätte Er dies Geld in des Wagners Kammer genommen.

7.
Wie Er in das Haus gekommen, und darmit
zugegangen, solle Er ansagen ?


Seÿe beÿ der ohnbeschlossenen Hausthür hinein, die Stiegen hinauf, und nach diesem in die auch unbeschlossene Kammer hineingegangen, wo Er alsdann dies Geld aus denen auf dem Fußmet Kasten gelegenen S:V: Hosen entwendet.

8.
Wie viel Er entwendet, und in was vor Sorten dieß bestanden ?


Ein Laub, 2 Baÿerl: Thaler 2 halbe Feder Thaller, so sich auf 10 fl 18 Xr belauffe.

9.
Wo er dieß Geld hingethan ?


Liege noch in Oßlang auf dem oberen Boden, unter dem StrehstrohStreustroh, das man dem Vieh zum Nachtlager unterstreut.

10.
Ob noch alles beÿsammen, oder aber etwas davon ausgegeben habe ?


Habe nichtes davon ausgegeben sondern seÿe noch alles beÿsammen.

11.
Ob Er sonsten nichts anderes mehr mitgenommen ?


Ja: dem Sohn Antoni einen Flor, in welchem das Gelt eingewicklet seÿe.

12.
Wo er sich am Faßnacht ErchtagDienstag aufgehalten ?


Zu Illerbeÿren beÿ denen Spihlleüthen.

13.
Wie viel Er allda verzöhrt, und was vor
Geld ausbezalt habe ?


26 Xr, und dieses mit 24 Xr Stück und 2 Xr bezalt.

14.
Wie viel Er noch vor sich eigenes Gelt habe ?


Beÿ 2 fl

15.
Man sage Ihme, daß dem Wagner noch ein 36 Xr, dann ein 18 Xr Stück, und 2 Kupfer Xr entwendet worden, solle sagen, ob Er nichtes davon wisse.


R: wisse von diesem gar nichtes, wenn er es entwendet, würde Er dieses eben auch ansagen.

16.
Ob Er von seinem letzten Meister eine Kundschafft von Barba aus erhalten ?


Ja ! zeiget diese vor, und ist von Neunkirchen den 27ten 9br: 1780 datirt.

17.
Ob er sonsten Niemand etwas entwendet ?


R: Nein.

18.
Was Ihne dann zu diesem Diebstahl verleitet ?


R: Habe eben kein Gelt gehabt, und auch keines zu Haus bekommen.

19.
Ob Er dann kein Gelt in der Churpfalz verdienet ?


R: Ja

20.
Wo Er dan dieses hingethan ?


R: Ein Kleid darum gekaufft.

21.
Wo Er dieß Kleid habe ?


Beÿ seinem Meister Simon Neidig zu Barba 6 Stund von Haidelberg habe Er solches liegen.

22.
Warum Er dann dieß Kleid beÿ seinem Meister gelassen


Weilen Er wiederum zu ihme in die Arbeit kommen wollen.

23.
Ob Er noch mehrere Sachen beÿ diesem seinem Meister habe ?


Ja. die alltägliche Kleidung als 2 Hemmeter, 1 paar Ehewürkene Beinkleider 1 kurz Camisoll samt dem Handwerkszeug.

24.
Ob dieß Kleid schon bezahlt, und was es vor eine Farb habe ?


Noch nicht gänzl: seÿe noch 3 fl 30 Xr hievon schuldig, habe eine dunkelblaue Farb, und solche Knöpf samt gleichen Unterfutter.

25.
Unter was vor ein Amt sein Meister Simon Neidig gehöre ?


Auf Dillsperg gegen Haidelberg zu gelegen, wisse aber nicht, wie weith dies von Barga gelegen seÿe.

26.
Ob er auch noch einiges Gelt beÿ seinem Meister ligen habe ?


Nein:

27.
Wie viel dieß Kleid gekostet ?


10 fl

28.
Da dieß Kleid nicht mehrer als 10 fl gekostet, und hieran noch 3 fl 30 Xr schuldig seÿe, wohin Er dann seinen übrigen Verdienst gethann habe


Mit Essen, und Kleidung seÿe alles aufgegangen.

29.
Was Er dann in seinem beÿ sich führenden Pack habe ?


S.V. Strimpfe, 2 Fligel Tuch, und einigen Faden samt Maurer Köllen, welche erstere Er zu Hause bekommen.

Nach welchem bekräfftigten der Arrestant wiederum der Wachte abgegeben, der Amtsdiener Joseph Grabherr aber dieß Geld im Oßlang zu hollen abgeschickt, und nach Verfluss von 2 Stunden mit 10 fl 18 Xr eingelieffert worden.

Über diese Aussag ist gnädiger Herrschafft unterthänig referiret, und das gnädige Resolutuum dahin ausgefallen, daß dieser Pursch auf 6 Jahre der Kaiserl: Werbung übergeben werden solle. Nachdeme aber der von dem Kaiserl: Herrn Werbhauptmann von Schwarz anhero geschickte Werb Corporal diesen Purschen wegen dem in 2 ½ Zoll bestehenden wenigen Maaß nicht angenommen, somit auch vor alle Werbungen zu klein ist. So ist dieser Pursch zu wohlverdienten Straf, und künftiger Correktion und Warnung mit 24 Streich gezüchtiget, und ihme die hiesige Herrschafft auf Zeit seines Lebens unter schwerer Straff auf den Betrettungs fall verbothen und bis an die Gränze hingeführt worden:

Præs: Johannes Gigls. Xaveri Eggenspergers und des Amtdieners Joseph Grabherr.